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Ein „ungleicher Vertrag”: Pachtvertrag zwischen China und dem Deutschen Reich (6. März 1898)

Die deutschen Kolonialambitionen erstreckten sich schließlich bis nach Ostasien. Nach der Besetzung der Kiautschou-Bucht schloss das Deutsche Reich einen „ungleichen Vertrag" mit China. Die Bestimmungen dieses 1898 geschlossenen Pachtvertrages sicherten dem Deutschen Reich umfangreiche Privilegien und Rechte rund um den Hafen Kiautschou zu. Im Gegensatz zu anderen deutschen Kolonien wurde Kiautschou (heute Tsingtao) von der Reichsmarine verwaltet, die hoffte, es in eine „Musterkolonie" als Flottenstützpunkt und zu Handelszwecken auszubauen.

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Artikel I
Seine Majestät der Kaiser von China, von der Absicht geleitet, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen China und Deutschland zu kräftigen und zugleich die militärische Bereitschaft des chinesischen Reiches zu stärken, verspricht, indem Er sich alle Rechte der Souveränität in einer Zahl von 50 km (100 chinesischer Li) im Umkreise von der Kiautschou-Bucht bei Hochwasserstand vorbehält, in dieser Zone den freien Durchmarsch deutscher Truppen zu jeder Zeit zu gestatten, sowie daselbst keinerlei Maßnahmen oder Anordnungen ohne vorhergehende Zustimmung der deutschen Regierung zu treffen und insbesondere einer etwa erforderlich werdenden Regulierung der Wasserläufe kein Hindernis entgegen zu setzen. Seine Majestät der Kaiser von China behält sich hierbei vor, in jener Zone im Einvernehmen mit der deutschen Regierung Truppen zu stationieren sowie andere militärische Maßregeln zu treffen.

Artikel II
In der Absicht, den berechtigten Wunsch Seiner Majestät des Deutschen Kaisers zu erfüllen, daß Deutschland gleich anderen Mächten einen Platz an der chinesischen Küste inne haben möge für die Ausbesserung und Ausrüstung von Schiffen, für die Niederlegung von Materialien und Vorräten für dieselben sowie für sonstige dazu gehörende Einrichtungen, überläßt seine Majestät der Kaiser von China beide Seiten des Einganges der Bucht von Kiautschou pachtweise, vorläufig auf 99 Jahre, an Deutschland. Deutschland übernimmt es, in gelegener Zeit auf dem ihm überlassenen Gebiete Befestigungen zum Schutze der gedachten baulichen Anlagen und der Einfahrt des Hafens zur Ausführung zu bringen.

Artikel III
Um einem etwaigen Entstehen von Konflikten vorzubeugen, wird die kaiserlich chinesische Regierung während der Pachtdauer im verpachteten Gebiete Hoheitsrechte nicht ausüben, sondern überläßt die Ausübung derselben an Deutschland, und zwar für folgendes Gebiet:

1. an der nördlichen Seite des Eingangs zur Bucht: die Landzunge abgegrenzt nach Nordosten durch eine von der nordöstlichen Ecke von Potato-Islands nach Loshan Harbour gezogene Linie;

2. an der südlichen Seite des Eingangs zur Bucht: die Landzunge abgegrenzt nach Südwesten durch eine von dem südwestlichen Punkte der südwestlich von Chiposan Island befindlichen Einbuchtung in der Richtung auf Tolosan-Island gezogene Linie;

3. Inseln Chiposan und Potato-Islands;

4. für die gesamte Wasserfläche der Bucht bis zum höchsten derzeitigen Wasserstand;

5. für sämtliche der Kiautschou-Bucht vorgelagerten und für deren Verteidigung von der Seeseite in Betracht kommenden Inseln, wie namentlich Tolosan, Tschalientau etc.

Eine genauere Feststellung der Grenzen des an Deutschland verpachteten Gebietes sowie der Fünfzig-Kilometer-Zone um die Bucht herum behalten sich die hohen Kontrahenten vor, durch beiderseitig zu ernennende Kommissare nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse vorzunehmen.

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