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Die Kodifizierung örtlichen Gewohnheitsrechts – Germersheim (Pfalz) (16. Jahrhundert)

Die Kodifizierung örtlichen Gewohnheitsrechts war ein Hauptinstrument der Integration ländlicher Gemeinden in feudale Territorialstaaten. Die in diesem Dokument aufgeführten Freiheiten gehen vermutlich auf die Garantie eines deutschen Königs (Königsleute) und eines Abts (Petersleute) zurück. Der Rechtsstatus dieser privilegierten Gruppe von Bauern bewegte sich zwischen Leibeigenschaft und Freiheit; sie wurden als „Halbleibeigene“ betrachtet.

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Alt herkomen, freiheit vnd gerechtigkeit der Pfaltz leybaigen leutt, die man königs- vnd sanct Petters leudt nennet vnd inn die pfandtschafft Germershaim gehörig, auß den alltten kuniglichenn freyhaittenn gezogenn.

[1.] Item was leutt ziehenn auß dem Röder gericht vnnd vber die hohenn strassenn geen Schaidt vnnd anndere dörffer, sollenn altem prauch nach konigsleutt sein vnnd den freyhenn zuge darein vnnd wider darauß hinder meniglich habenn.

[2.] Item was leutt auß der gemeinschafft Guttennberg dahien kommenn, sollenn auch also kunigsleutt sein vnnd irenn freyenn zuge hienuber vnnd wider heruber habenn.

[3.] Item was leutt ziehenn auß der Pfaltz, dem hertzogthumb, der marggraueschafft, dem stifft Speyer oder von anndern herschafften inn obgemelltte dorff, sollenn kunigsleutt sein vnnd freyhe zuge darein vnnd wider in gemelte herschafftenn habenn.

[4.] Item was leutt vber berge vnnd schiffreiche wasser kommen inn obgemelltte dorff Schaidt vnnd andere one nachvolgendenn herrn inn jar vnnd tag, sollenn kunigsleutt sein vnnd ire freyhe zuge darein vnnd wider darauß habenn.

[5.] Item alle vnnd jede leutt, so auß den reichstettenn kommen inn alle vorgemelltte dorff, Schaide vnnd andere, sollenn auch also kunigsleutt sein vnnd derselbenn freyhaitt geniessenn.

[6.] Item alle bastart vnnd wildtfennge sollenn kunigsleutt sein vnnd sich derselbenn freyheittenn geprauchenn inn allwege vnuerhindert.

[7.] Item was von kunigsleuttenn geborenn wurdt, sollenn kunigsleutt sein vnnd inn allenn denselbenn freyheitten onewidersprechlich gehallttenn werdenn.

[8.] Item aller gestalltt soll es aller sanct Peters leutt halbenn, inn derselbenn bezyrckenn kommend vnd wonend, geprauchtt werdenn one alles widerfechtenn, dann die von alltter one allenn vnnderschaidt je vnnd allwegenn vndereinannder gewont vnnd gedient habenn.

Nota: alle kunigs- vnnd sanct Peters leutt seindt vom heiligenn römischenn reiche, auch römischenn kaysern vnnd kunigenn sonnderlich mit gleichenn freyheittenn vnnd rechtenn priuilegiert vnnd gefreyt, auch mitt irenn dienstparkeitten gleich herkommens vnd rechtens versehenn vnnd begabt vngeuerlich.

[9.] Item gegenn obgemeltenn freyhaittenn seindt diß vngeuerlichenn der kunigs- vnnd sanct Peters leuttenn dienstparkeittenn vnnd ordennliche beschwerdenn:

[10.] Item zum erstenn, so gebenn alle gemellte kunigs- vnnd sanct Peters leutt jherlichenn mitteinannder inn einer benannten sommenn ire sonndere beedten darnach derselben vngeuerlich viel oder wenig nach irem vermögen vnd zimlichen dingen, vnnd ist sollich beedt ettwan funfftzig gulden vnd höher gewesen nach gelegenheitt der leutt.

[11.] Item volgendts, so gibt ein jeder kunigs- oder sanct Peters mensch, so inn gemelter beedt begriffenn, jherlichen auch ein diensthuene oder nach gelegenheit gelltt darfur.

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