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Zunftbrief für die Schwarzfärber und Mängeler im Fürstentum Hessen (15. November 1580)

Dort wo das körperschaftliche Leben schwach war oder nicht existierte, lag die Regulierung des Handwerks in den Händen einer höheren Autorität, gewöhnlich eines Fürsten. Dieser Zunftbrief für die hessischen Schwarzfärber und Mängeler wurde von Landgraf Wilhelm „dem Weisen“ (1532-92) erlassen. Laut Wilhelm sei der Zunftbrief von den Ausübenden dieser beiden eng verwandten Handwerke verlangt worden. Insofern handelt es sich bei diesem Dokument streng genommen nicht um eine Zunftordnung, sondern um ein fürstliches Statut, das im Wesentlichen Bestimmungen über die Organisation von Arbeit und Produktion trifft, einschließlich der Preisabsprache (Paragraph 17).

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Wir Wilhelm von Gottes gnaden landtgraue zu Hessen, graue zu Catzenelnbogen, Dietz, Ziegenhainn und Nidda etc. thun kundt hierann uffentlich vor uns, unsere erbenn undt nachkommende fürstenn zue Hessenn bekennende, als uns itzo unsere underthanen undt lieben getrewenn, die sambtliche schwartzferber undt mengeler des schwarzferberhandtwergks, undertheniglichenn angelangt undt gepettenn, ihnenn gleich andernn handtwercken inn unsernn stettenn undt dorffern ein inung und zunfft ihres schwartzferbers undt mengelers handtwercks, darmitt dasselbig uffrichtig und trewlich under ihnenn getriebenn undt sonstett darinn guette ordnungen gehaltten werden möchtte, gnediglichenn uffzurichtenn und mittzutheilenn, das wir demnach aus sondernn gnaden, darmitt wir ihnen gewogenn undt sonderlich umb ihres und gemeiner unserer stett und ambter bestenn undt nutzenn willen, diesem ihrem underthenigem suchen gnediglichen stadt gegebenn undt ihnen solche zunfft undt inung aus landtsfürstlicher macht mittgetheiltt habenn undt thun das hirmitt undt inn crafft dieß brieffs wissentlich uff formb und maß wie nachvolgett:

[1.] Undt erstlich, da einer diß handtwerck treibenn und sich dessenn geprauchenn will, derselbig soll redlich undt fromb sein undt hinfuro anders nicht inn diese zunfft ingenohmmenn werdenn, er hab dan das handtwerck nach außweissung dieses unsers innungsbrieffs drey jhar lang bey einem redlichenn meister uffrichtig gelernett und deshalbenn vonn seinem lehrmeister ein schriftlichenn schein, den ein jeder lehrmeister seinem lehrjungenn zu gebenn verpflichtett sein soll, vorzulegenn, auch damitt er die gewohnheitt undt ordnung des handtwergks desto besser innenn, zwey jahr lang uffs handwerck gewandertt habenn undt alsdan sich mitt zehen guldenn einkeuffenn, die halb uns und die ander helffte dem handwerck gefallenn und gegebenn werden sollenn.

[2.] Wehr nuen bedacht ist, berurtt schwartzferber oder mengelers handtwerck zue lernenn, der soll von frommenn, redtlichenn elternn sein undt dasselbig beurkundt habenn, dartzu sich viertzehenn tage darbey versuchenn, da ihme dan dasselbig beliebtt, alsdann soll er sich jegenn seinen lehrmeister verburgenn, das handtwerck drey jhar lang bey demselbigenn zue lernenn, sich jegenn ihnen und die gesellenn gepurlichs gehorsambs zuuerhalten. Wurde aber ein lehrjung innerhalb der lehrjhar vonn seinem lehrmeister ohne redliche ursache vermissendlichen abtrettenn, derselbig soll des handwercks beraubt sein; hielte auch ein meister seinenn jungen dermassenn nicht wie ihme zuestehett, so soll derselbig meister nach verwirckung deshalbenn gestrafft werdenn.

[3.] Ein meister soll nichtt mehr als einen lehrjungen uffnehmenn undt wann er den ahngenohmmen hette, so soll er denselbigenn einem andernn meister zue lernenn nicht überlassenn oder zuestellenn, es were dann, das er armutts halber denn lehrjungenn nichtt halten noch fördern köntte, alsdan soltte ihme den jungen einem andern meister zu ubergebenn freystehenn.

[4.] Eins meisters sohnn aber, dieweill derselbig bey dem handtwergk ufferzogenn wirdett, soll die drey jhar zue lernenn nichtt verpflichtett seinn, es wehre dan, das er solch handtwerck ein zeitt lang verlassenn undt ein ander handtwerck gelernett oder sich sonstenn zue andernn geschefftenn gebrauchenn lassenn, alsdann soll er diß handtwerck, da er anders dasselbig zue treibenn bedachtt, vonn deswegenn, dieweill ers vertzogenn, drey jhar lang vonn newem zu lernenn verpflichtett und verbundenn sein.

[5.] Eins meisters sohn soll die zunfft gantz und eins meisters tochter halb habenn, darumb so eins meisters tochter ann einen dieses handtwercks bestattett wirdt, der soll die zunfft nuer zur helffte kauffenn.

[6.] Ein meister soll mehr nicht den einen lehrjungenn uff einmahll zue lernnen annehmen und wann er denselbigenn außgelernett hatt, so soll er ihnen in beysein zweyer oder jhe zum wenigstenn eines meisters undt eins gesellenn seiner lehrjahr loßzehlenn und ihme darüber ein schriftlich urkundt, sich dero anderer ortter bey meistern und gesellen zu gebrauchen habenn, gebenn.

[7.] Da auch einer diß handtwerck nicht redtlich gelernett und gleichwohll darauff wandernn thett, derselbig soll vonn keinem darzu gefördertt noch angenohmmenn werden, da ihnenn aber hierüber ein meister wissendtlich fördertte und uffenthielte, der soll ihme gleich geachtett werdenn. Thette er es aber unwissendt, so soll es ihme unnachteillig sein.

[8.] Kein meister soll seinem gesellenn, da er dessenn bedurfftig, ohne redtliche ursache uerleubenn undt einen andern ann seine stadt stellenn, es geschehe dann mitt des gesellenn guetten wissenn und willenn. Ingleichem soll keinn geselle einem meister, dem er in seiner arbeitt stehett, ohne desselbigenn bewilligung oder darzue habende erhebliche ursache aus deßelbigen arbeitt gehenn oder uhrlaub von ihme, so er seiner nöttig, nehmen. Da es aber einer oder mehr hierüber thette, dem oder denselbigen soll bey keinem meister inn unserem fürstenthumb zu arbeittenn verstattet werdenn.

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