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Die Wiedereinführung der Länder (19. April 1990)

Als die DDR 1949 gegründet wurde, bestand sie aus fünf Ländern – Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen – und Ost-Berlin. 1952 wurden die Länder abgeschafft und durch 14 Bezirke ersetzt, nebst Ost-Berlin, das oft als 15. Bezirk gezählt wurde. Nach dem Mauerfall gab es einen breiten Konsens darüber, dass die Länder auf dem Gebiet der DDR wieder eingeführt werden sollten, jedoch warf ihre Entstehung eine Reihe von Problemen auf. Territoriale Grenzen mussten gezogen und Hauptstädte designiert werden. Dabei war es ein Kernproblem, dass – gemessen an der Zahl ihrer Einwohner und ihrer Wirtschaftskraft – die neuen Bundesländer weit hinter den meisten westlichen Ländern zurücklagen. Eine territoriale Neugliederung anstelle einer Wiedereinführung der traditionellen Länder sollte deshalb nach Ansicht des Autors in Betracht gezogen werden.

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Auf den Grundmauern der Nachkriegszeit?
Die beabsichtigte Neugliederung steckt voller administrativer Schwierigkeiten und regionaler Konflikte.


Daß die DDR künftig nicht mehr wie seit bald vierzig Jahren aus Bezirken bestehen, sondern sich in Länder gliedern wird, ist mittlerweile kein Gegenstand der Diskussion mehr. Zwar steht noch kein Wahltermin fest, aber von Januar 1991 an soll es, wie der Minister für regionale und kommunale Angelegenheiten, Manfred Preiß, mitgeteilt hat, wieder fünf Länder geben. Doch je deutlicher sich der Fahrplan für die Einführung der Länder abzeichnet, desto unübersehbarer ist auch geworden, daß ihre Errichtung keineswegs ohne Kontroversen und Streitigkeiten abgehen wird. Gewiß handelt es sich bei der Einführung der Länder im Grunde genommen um eine Wiederherstellung – nämlich jener Länderstruktur, die bis 1952 in der DDR bestanden hat. Aber das ist keine so einfache Operation, wie es auf den ersten Blick scheint – und überdies fragt es sich, ob es überhaupt gut wäre, sich die Aufgabe der Errichtung einer föderalen Struktur in der DDR so einfach zu machen.

Wie die Bundesrepublik ist die DDR ursprünglich aus den Ländern entstanden. Doch in fast der gesamten Zeit ihres Bestehens war sie ein zentral regierter Einheits-Staat, in dem sich von den Ländern nur einiges an landsmannschaftlichem Bewußtsein, regionaler Kultur und Folklore erhielten. Bei allen Differenzen, die es zwischen den verschiedenen Regionen in der DDR gegeben hat, müssen die Länder als staatlich-politische Einheiten deshalb faktisch doch neu gegründet werden. Sollen sie auf den fast verirrten Grundmauern der Nachkriegsländer errichtet werden? Oder gibt es Alternativen, die dem Ziel einer leistungsfähigen föderativen Struktur besser entsprächen?

Der naheliegendste Weg bestünde natürlich darin, die Bezirke, die an die Stelle der Länder getreten sind, wieder zu Ländern zu vereinigen. Denn tatsächlich sitzt diese Bezirksstruktur im großen und ganzen auf dem alten Länder-Gefüge auf. Die Bezirke haben in den früheren Ländern zumindest ihre Basis: Schwerin, Rostock und Neubrandenburg im Norden in Mecklenburg; Magdeburg und Halle in Sachsen-Anhalt; Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus in Brandenburg; Erfurt, Gera und Suhl in Thüringen; Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt schließlich in Sachsen. Aber das gilt eben nur im ganz allgemeinen. In nicht unwesentlichen Teilen sind die jetzigen Bezirke auch von den früheren Ländergrenzen abgewichen. Vor allem dort entstehen nun Problemzonen.

Im Norden stellt sich die Frage, ob die Uckermark und die Westpriegnitz, die bei schlichter Verwandlung der Bezirke in Länder zu Mecklenburg gehören würden, wieder zurück ins Land Brandenburg fallen sollten. Im Süden geht es darum, ob die Kreise Altenburg und Schmölln, die jetzt zu dem mehrheitlich sächsischen Bezirk Leipzig gehören, wieder thüringisch werden müßten. Ähnliche Probleme stellen sich in der Lausitz, wo Teile des jetzigen Bezirks Cottbus nach Sachsen zurückgegliedert werden könnten, und zwischen den künftigen Ländern Sachsen-Anhalt und Brandenburg im Bereich von Bad Liebenwerda, Senftenberg, Brandenburg und Rathenow.

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