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Volksschüler als Laufburschen und Hilfsarbeiter (1878-1890)

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Der Prozentsatz des laufenden Jahres stieg zur Zeit der Streiks (im Mai und Juni) plötzlich bis auf ca. 37, ist nunmehr jedoch wieder auf ca. 30 herabgesunken.

Die Beschäftigung dieser Schüler bestand in Kegelaufsetzen, Gläserspülen, Zeitungen-, Milch-, Brot- und Warenaustragen.

Ihr Alter schwankt zwischen 12 und 13 1/2 Jahren.

Das Tagewerk beginnt nach meiner Tabelle in einigen Fällen bereits um 4 Uhr morgens; die meisten Knaben müssen zwischen 5 und 6 Uhr ihr Bett verlassen. Diejenigen, welche nur des Abends zu arbeiten haben, erhalten am spätesten Feierabend. Hierzu gehören z.B. die Kegeljungen, welche fast alle täglich von 6-12 Uhr zu arbeiten haben. Der am längsten angestrengte Knabe ist ein Lauf- und Zeitungsjunge, dessen Tagewerk 4 Uhr des Morgens beginnt und um 10 Uhr des Abends schließt.

Die schulfreien Nachmittage und Sonntage bringen den meisten Stellenschülern eine erhöhte Arbeitszeit. Einige Kegeljungen müssen das ganze Jahr hindurch an Sonntagen schon des Mittags 12 Uhr antreten, um in der Regel bis 12 Uhr Mitternacht ihren sauren Dienst zu versehen. Den meisten Laufjungen wird namentlich die Zeit nahe vor Weihnacht recht schwer gemacht; es wird oft Mitternacht, ehe sie sich auf den Heimweg begeben dürfen.

Die Zahl der monatlichen Arbeitsstunden schwankt zwischen 60 und 200. Hundert Stunden und darüber arbeiten mehr als die Hälfte der Knaben. Meine Statistik ist jedoch leider in dieser Rubrik wie in den folgenden nicht vollständig hinsichtlich der Jahre 1888 und 1889.

Die Vergütung, welche die Stellenschüler für ihre Arbeit bekommen, ist außerordentlich verschieden; die geringste beträgt 3 Pf. pro Stunde (Milchjunge), die höchste ca. 20 Pf. (Kegeljunge). Das erworbene Geld wurde auch nicht in einem einzigen Falle als eine Ersparnis für die Knaben hinterlegt, sondern stets zum Lebensunterhalt der Familie verwendet.



Quelle: Vortrag des Herrn C.H. Dannmeyer, gehalten am 27.9.1890 im Verein Hamburger Volksschullehrer, abgedruckt in Pädagogische Reform. Hamburg, Jg. 14, Nr. 42, (22.10.1890).

Auch abgedruckt in Klaus Saul, Jens Flemming, Dirk Stegmann und Peter-Christian Witt, Hg., Arbeiterfamilien im Kaiserreich. Materialien zur Sozialgeschichte in Deutschland 1871-1914. Düsseldorf, 1982, S. 223-24.

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