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Bundeskanzler Gerhard Schröder stellt die „Agenda 2010” vor (14. März 2003)

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Darüber hinaus werden wir — Sie sollten das durchaus in Kumulation sehen — eine wahlweise Abfindungsregelung bei betriebsbedingten Kündigungen einführen. Im Falle solcher Kündigungen soll der Arbeitnehmer zwischen der Klage auf Weiterbeschäftigung und einer gesetzlich definierten und festgelegten Abfindungsregelung wählen können.

Schließlich werden wir die Sozialauswahl so umgestalten, dass auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Leistungsträger unter den Beschäftigten im Unternehmen gehalten werden können. Statt der Sozialauswahl nur nach starren Kriterien wie Alter oder Dauer der Betriebszugehörigkeit sollen in Zukunft die Prioritäten auch direkt zwischen Arbeitnehmervertretern und Arbeitgebern erarbeitet und verbindlich gemacht werden. Das erhöht die Planungssicherheit für die Betriebe und senkt die Hürde für Neueinstellungen.

Dieses Ziel verfolgen wir auch mit einer weiteren Maßnahme. Für Existenzgründer werden wir die maximale Befristung von Arbeitsverhältnissen auf vier Jahre verdoppeln. Existenzgründer werden zudem in den ersten vier Jahren von den Pflichtbeiträgen an die Handwerks- und Industrie- und Handelskammern freigestellt.

Abgerundet wird diese Strategie für mehr Beschäftigung durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, die immer noch Zuwachsraten hat, die uns alle beschämen müssen.

Natürlich ist es ein Gebot der Moral und der Solidarität, Schwarzarbeit gesellschaftlich zu ächten, es ist aber auch ein Gebot der gesellschaftlichen und ökonomischen Vernunft. Wir haben bereits durch die Hartz-Reform legale Beschäftigung attraktiver gemacht.

Für unsere Volkswirtschaft sind Konzerne und Großunternehmen gewiss wichtig. Aber der Motor des Wachstums ist und bleibt der Mittelstand.

Mittelständische Unternehmen klagen über hohe Lohnnebenkosten und über bürokratische Vorschriften. Deshalb werden wir kleine Betriebe künftig deutlich besser stellen. Wir werden das Steuerrecht für Kleinstbetriebe radikal vereinfachen, die Buchführungspflichten reduzieren und auch damit die Steuerbelastung kräftig senken. Mit dem Small Business Act verbessern wir die Startbedingungen in die Selbstständigkeit.

Wer sich selbstständig macht und damit für sich und andere Arbeitsplätze schafft, der hat unsere Anerkennung und unsere politische Unterstützung.

Es darf nicht sein — auch das gilt es klar zu machen —, dass Unternehmensgründer und viele kleinere Unternehmen inzwischen mehr Zeit für ihre Bankengespräche aufwenden als für die Entwicklung und Vermarktung ihrer Produkte.

Wir müssen in diesem Zusammenhang auch deutlich machen, dass ungeachtet von Schwierigkeiten gerade im Finanzierungssektor — Schwierigkeiten übrigens, die auch durch Managementfehler in diesem Bereich entstanden sind und nicht durch die Politik — die in diesem Markt tätigen Institute ihre eigentliche Aufgabe, nämlich nicht zuletzt die mittelständische Wirtschaft mit Finanzierungsmöglichkeiten zu versorgen, besser wahrnehmen müssen, als das in der letzten Zeit der Fall gewesen ist.

Die Bundesregierung, die staatlichen Institutionen können nicht an die Stelle der privaten Finanzierungsinstitute treten. Sie können nur ergänzend tätig werden. Deshalb haben wir mit dem Programm „Kapital für Arbeit” und den so genannten Nachrangdarlehen, die bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit wie Eigenkapital behandelt werden können, die Kreditbedingungen für die Unternehmen verbessert. Aber die langfristigen Refinanzierungsmöglichkeiten müssen durch die privaten Institutionen dargestellt werden.

Es wäre ein Fehler, davon auszugehen, dass Entbürokratisierung und mehr Flexibilität immer nur von der einen Seite der Gesellschaft eingefordert werden könnten und werden dürften. Nein, wir müssen auch das Handwerksrecht modernisieren und so verschlanken, damit es im Handwerk wieder mehr Existenzgründungen gibt, mehr Arbeitsplätze entstehen und die, die es gibt, etwa durch erleichterte Betriebsübernahmen besser gesichert werden können, als das in der Vergangenheit der Fall war.

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