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Das Wartburgfest (1817)

Anlässlich des 300. Jahrestages des Beginns der Reformation und des 4. Jahrestages der Völkerschlacht von Leipzig trafen sich Studenten verschiedener deutscher Universitäten am 18. Oktober 1817 auf der Wartburg bei Eisenach in Thüringen. Als Zufluchtsort Martin Luthers 1521/22 galt die Wartburg als deutsches Nationalsymbol. Die Versammlung der ca. 500 Studenten und einiger Professoren war eine Protestkundgebung gegen reaktionäre Politik und Kleinstaaterei und für einen Nationalstaat mit einer eigenen Verfassung. Die Forderung nach nationaler Einheit war in den studentischen Landsmannschaften besonders stark, was 1815 in der Gründung der ersten Burschenschaft durch Jenaer Studenten seinen Ausdruck gefunden hatte. Diese neue Art der Studentenverbindung ersetzte die alten Landsmannschaften und sah die Vereinigung aller Studenten einer Universität vor; sie sollte als Modell deutscher Einheit gelten.

Auf diesem Holzstich ist der Zug der von der Jenaer Burschenschaft eingeladenen Studenten auf die Wartburg zu sehen, bei dem sie schwarz-rot-goldene Fahnen schwenken, deren Farben auf diejenigen der Freikorpsuniformen aus den Freiheitskriegen gegen Napoleon zurückgehen. Während des Festes kam es zur Verbrennung mehrerer Bücher, darunter der Code Napoleon (das französische Bürgerliche Gesetzbuch von 1804), die „Geschichte des deutschen Reichs“ des später ermordeten August von Kotzebue und die „Germanomanie“ des jüdischen Schriftstellers Saul Ascher. Dass das romantisierende Deutschtum der Burschenschaften bereits die Wurzeln nationalistischen Chauvinismus in sich trug, erkannte der Schriftsteller Heinrich Heine deutlich, als er 1840 schrieb: „Auf der Wartburg herrschte jener beschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Hass des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wusste als Bücher zu verbrennen!“ 1819 nahm die Regierung des Deutschen Bundes die Ermordung Kotzebues durch Karl Sand zum Anlass, durch die Karlsbader Beschlüsse die Burschenschaften zu verbieten, Universitäten zu überwachen und solche Professoren zu entlassen, die liberalen, „revolutionären“ Umtrieben Vorschub leisteten. Zeitgenössischer kolorierter Holzstich.

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Das Wartburgfest (1817)

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