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„Bauer und Mädchen aus Tegernsee in Oberbayern” (um 1855)

Traditionelle Trachten waren und bleiben weiterhin Ausdruck von Identitäten. Der lokalen Kleidung kam große symbolische Bedeutung zu in einer Zeit regionaler Fragmentierung, in der Deutschland noch kein geeinter Nationalstaat war. Bayern (und besonders das katholische Oberbayern) hatte seine eigene charakteristische Regionalkultur. Wenngleich Bayern damit nicht einmalig war – zahlreiche Regionen wiesen eine ausgeprägte lokale Kultur auf – so scheinen doch die Merkmale des bayerischen Kulturzusammenhangs einen größeren Raum in der Vorstellungswelt der heutigen Bevölkerung einzunehmen. Dazu zählen religiöse Feiern, Feste und nicht zuletzt die volkstümliche Bekleidung aus dem Alpenraum. Das hier abgebildete Paar stammt aus Tegernsee etwa 50 Kilometer südlich von München. Die Lithografie datiert ungefähr aus dem Jahr 1855, doch der Bauer und das Mädchen – so werden sie in der Überschrift benannt – tragen Kleidung, die sich in den Läden, die heutzutage bayerische Volkstrachten verkaufen, nicht sonderlich altmodisch ausnehmen würde. Der Bauer, der lässig einen Bierkrug mit Zinndeckel hält, trägt einen Hut mit Feder (oder einem Büschel Gamshaaren), einen Janker und Weste, verzierte Lederhosen, gestrickte Wadenstrümpfe sowie festes Schuhwerk. Sein weibliches Pendant ist in ein blaues Kleid mit Puffärmeln gekleidet, worüber sie eine blassrosa Schürze trägt und allem Anschein nach ein Schnürmieder. Um ihre Schultern hat sie ein Tuch gewickelt und trägt in der Hand eine Tasche aus demselben Stoff. Ihr Hut ähnelt dem des Bauern, obwohl ihrer ein helles Hutband, dafür aber keine Verzierung aufweist. Das gesamte Arrangement ist ein Vorläufer des heutigen Dirndls, das als Arbeitskleidung entstand. Federlithografie um 1855.

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„Bauer und Mädchen aus Tegernsee in Oberbayern” (um 1855)

© Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz / Kunstbibliothek, SMB / Knud Petersen