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Georg Friedrich Kersting, Vor dem Spiegel (1827)

Wie sein Freund Caspar David Friedrich kam auch der Künstler Georg Friedrich Kersting (1785-1847) aus Norddeutschland, studierte an der Kopenhagener Akademie und ließ sich schließlich in Dresden nieder. Friedrich gehörte allerdings voll und ganz der ersten Generation der Romantiker an – diejenigen, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts danach strebten, alle Bereiche der sichtbaren Welt mit mystischer, symbolischer Bedeutung zu füllen. Im Gegensatz dazu fand Kersting, der ein ganzes Jahrzehnt jünger war, großes Vergnügen am profanen Schmuck seiner bürgerlichen Umgebung; seine Arbeiten weisen dementsprechend eine für die Biedermeierzeit kennzeichnende Entwicklung auf. Kerstings Werk geht auf Jan Vermeer, den niederländischen Maler des 17. Jahrhunderts, zurück, der selbst ein Künstler inmitten einer Kultur aufstrebenden Wohlstands der Mittelklasse war. In Friedrichs berühmtem Gemälde Caroline am Fenster (1822) betrachtet die Frau des Künstlers ruhig den Mast eines Schiffes, – ein geläufiges Symbol des menschlichen Übergangs von einer Welt in die nächste – der an ihr vorbeifährt. In dem Gemälde Vor dem Spiegel (1827) setzt Kersting die gleiche Klarheit von Licht, Linie und Komposition für sein berühmtes Sujet ein: ein Mädchen, das ihre Frisur richtet. Wie Friedrichs Figur auch, ist sie in Rückansicht dargestellt. Diese Ähnlichkeiten täuschen jedoch über wichtige Unterschiede zwischen den beiden Werken hinweg. So entscheidet sich Kersting beispielsweise dafür, keinerlei spirituelle oder religiöse Symbole in das Gemälde aufzunehmen, stattdessen konzentriert er sich vielmehr auf die modische Ausgehkleidung des Mädchens, die auffällig auf dem Tisch im Vordergrund liegt.

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Georg Friedrich Kersting, <I>Vor dem Spiegel</i> (1827)

© Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz / Hermann Buresch
Original: Kiel, Kunsthalle