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Kommunistische Kritik der Rock-Musik als westliche Subversion (13. Oktober 1963)

Nach Krawallen in der Rock ’n’ Roll-Szene bekundete die Leipziger Bezirksleitung der SED ihre Ablehnung derartiger Exzesse von Jugendlichen, machte westlichen Einfluss als Ursache aus und zeigte sich entschlossen, in Zukunft entschieden gegen Rock-Fans vorzugehen, was wiederum viele junge Leute dazu veranlasste, sich vom SED-Regime abzuwenden.

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Zu einigen Fragen der Jugendarbeit und dem Auftreten der Rowdygruppen


In Verwirklichung des Jugendkommuniqués des Politbüros des Zentralkomitees und des Jugendgesetzes zeigen sich auf vielen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens Fortschritte in der Arbeit mit der Jugend. Die Haltung eines großen Teils der Jugendlichen läßt erkennen, daß sie eine ordentliche und ehrliche Einstellung zu unserem Arbeiter- und Bauern-Staat, zur sozialistischen Arbeit und zum Lernen haben.

Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß es einen Teil von Jugendlichen gibt, bei denen sich Tendenzen der amerikanischen Unkultur, der Texasideologie und des Rangertums zeigen, die sich in den letzten Wochen und Monaten verstärkt haben. Sie sind Ausdruck der ständigen Konfrontierung mit der bürgerlichen Ideologie, wobei die westdeutsche reaktionäre Gesellschaftsordnung versucht, ihre Unkultur auch in die DDR einzuschmuggeln. Diese Erscheinungen widersprechen zutiefst den gesitteten Anschauungen von Moral und Ethik aller anständigen Menschen.

Das Ziel des Gegners besteht darin, besonders unter der Jugend die ideologische Aufweichung zu betreiben, Zügellosigkeit und Anarchie zu entwickeln, um Teile der Jugend gegen ihre eigene Arbeit- und Bauern-Macht aufzuputschen und zum Landfriedensbruch aufzuhetzen. Sie betreiben diese Aufhetzung über ihre Rundfunk- und Fernsehstationen, besonders über den Deutschlandfunk, durch Einschleusung von Schund- und Hetzschriften, aber auch sehr geschickt mit Mitteln der Unkultur der Westlichen Musik und des Tanzens, der Beatle-Ideologie und des Sammlertums, der Aufhetzung zur Arbeitsbummelei. In Westdeutschland selbst brauchen sie diese Lebensweise, um die Jugend psychologisch zu verseuchen und mit allen Mitteln der Verrohung, der Aufputschung der niedrigsten Instinkte ideologisch für ihre verbrecherischen Kriegspläne reif zu machen.

Unsere Gesellschaftsordnung hat die Pflicht, alle Einflüsse und Erscheinungen westlicher Unkultur zu bekämpfen. Auswüchse, wie die in letzter Zeit in immer größerer Zahl auftretenden Beatle-Gruppen mit amerikanischen Namen, fast ausschließlich westlichem und undefinierbarem Musikrepertoire unter dem Deckmantel des Eigenarrangements haben nichts mit fortschrittlichen Lebensidealen gemein. Wir sind durchaus für eine moderne und gepflegte Tanzmusik, wir sind auch nicht gegen zündende Rhythmen, aber wir wenden uns entschieden gegen solche Gruppen, die alle Prinzipien der Moral und Ethik verletzen, barfuß und halbnackt auftreten, Körperverrenkungen vollziehen und mit ihren aufpeitschenden Rhythmen die Jugend in Ekstase bringen, um sie zu Exzessen zu verleiten.

Andere solche Auswüchse sind das rowdyhafte Auftreten eines Teils von Jugendlichen, das sich verstärkt bei öffentlichen Veranstaltungen (Sportstätten, Vergnügungsparks, Kleinmessen, Kinos, Tanzveranstaltungen, Jugendklubs u. a.) zeigt. Dort kommt es zu Verleumdungen und zur Hetze gegen führende Persönlichkeiten von Partei und Staat. Bürger werden belästigt, angepöbelt, und in einigen Fällen wurden auch Angehörige der Sicherheitsorgane, Partei-, Staats- und FDJ-Funktionäre angegriffen.

Die Häufung und der Charakter dieser Ausschreitungen in den letzten Monaten beweist, daß sie zielgerichtet organisiert und gelenkt werden, wobei die Drahtzieher und Manager im Hintergrund bleiben. [ . . . ]



Quelle: „Zu einigen Fragen der Jugendarbeit und dem Auftreten der Rowdygruppen“, Beschluß des Sekretariats der SED-Bezirksleitung, 13. Oktober 1965, PDS-Archiv, Bezirksleitung Leipzig IV A-2/16/464; abgedruckt in Christoph Kleßmann und Georg Wagner, Hg., Das gespaltene Land. Leben in Deutschland 1945-1990. München, 1993, S. 471-72.

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