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Offizielle Berichterstattung von der Front I (1914)

Zeitungen waren im Ersten Weltkrieg ein wichtiges Propagandamittel. Unter dem wachsamen Auge der Militärzensur waren diese Berichte von der deutschen Front ausnahmslos positiv, trotz ernster Rückschläge, Stillstand und erschütternder menschlicher Opfer. Indem diese Zeitungsberichte den Kriegsverlauf in ein so unrealistisches Licht tauchten, erschwerten sie vielen Deutschen die Hinnahme der Niederlage.

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I. Die Marneschlacht

1. Freiburger Tagblatt, Nr. 201, 1. September 1914:

Berlin, 1. September, 4 Uhr nachts. (W.T.B.) Die Armee des Generalobersten von Kluck hat den durch schwache französische Kräfte unternommenen Versuch eines Flankenangriffs in der Gegend von Combles durch ein Armeekorps zurückgeschlagen.

Die Armee des Generalobersten von Bülow hat eine überlegene französische Armee bei St. Quentin vollständig geschlagen, nachdem sie im Vormarsch bereits ein englisches Infanteriebataillon gefangen genommen hatte.

Die Armee des Generalobersten von Hausen hat den Gegner auf Aisne bei Rathel zurückgedrängt.

Die Armee des Herzogs Albrecht von Württemberg hatte bei der Fortsetzung des Überganges über die Maas den Feind zunächst mit Vortruppen überrannt, mußte aber beim Vorgehen wegen stärkerer feindlicher Kräfte teilweise wieder über die Maas zurück. Die Armee hat alsdann die Maasübergänge wiedergewonnen und befindet sich im Vorgehen gegen Aisne. Das Fort Les Ayvelles hinter dieser Armee ist gefallen.

Die Armee des deutschen Kronprinzen setzt ihren Vormarsch gegen und über die Maas fort, nachdem der Kommandant von Montmedy mit der ganzen Besatzung der Festung bei einem Ausfall gefangen genommen ist. Die Festung ist gefallen.

Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Generalobersten v. Heeringen stehen noch in fortgesetztem Kampfe in Französisch-Lothringen.

W.T.B. Berlin, 1. September. An der Ostgrenze ist der bereits gemeldete Sieg der Armee des Generalobersten von Hindenburg von weitaus größerer Bedeutung, als zuerst übersehen werden konnte. Trotzdem neue feindliche Kräfte über Neidenburg eingriffen, ist die Niederlage des Feindes eine vollständige geworden. Drei Armeekorps sind vernichtet! Sechzigtausend Gefangene (darunter zwei kommandierende Generäle), viele Geschütze und Feldzeichen sind in unsere Hände gefallen. Die noch im nördlichen Ostpreußen stehenden russischen Truppen haben den Rückzug angetreten.


2. Freiburger Tagblatt, Nr. 204, 4. September 1914:

W.T.B. Berlin, 4. September, 12.50 Uhr nachts. Gegen Reims zu ist ein Angriff eingeleitet. Die Kavallerie der Armee des Generalobersten von Kluck streift bereits Paris. Unser Westheer überschritt die Aisnelinie und seht ihren Vormarsch gegen die Marne fort. Einzelne Vorhuten erreichten sie bereits. Der Feind befindet sich vor den Armeen der Generalobersten von Kluck, von Bülow, von Hausen, des Herzogs Albrecht von Württemberg im Rückzug auf und hinter die Marne.

Vor der Armee des deutschen Kronprinzen leistete der Feind im Anschluß an Verdun Widerstand; er wurde jetzt südwärts zurückgeschlagen. Die Armeen des Kronprinzen von Bayern und des Generalobersten von Heeringen befinden sich immer noch einem starken Feind in befestigten Stellungen im französischen Lothringen gegenüber.

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