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Pferdebahn und Pferdedroschken in Berlin (1870)

Obwohl 1870 bereits viele wichtige Eisenbahnlinien existierten, war die Elektrifizierung des expandierenden öffentlichen Verkehrsnetzes noch Zukunftsmusik. Die Personenbeförderung wurde weiterhin meist mit der Pferdekutsche und dem Vorläufer der Straßenbahn, der Pferdebahn, durchgeführt. Nach der Reichsgründung verlangten Urbanisierung und Industrialisierung nach innovativen Lösungen, um die Stadtbewohner schneller – wenn auch nicht immer bequemer – an ihren Bestimmungsort zu befördern.

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Dem Verkehr dienten die kleinen Pferdebahnen, die stuckernden Omnibusse mit ein oder zwei Pferden und die alten Droschken „erster und zweiter Güte", deren Kutscher vorschriftsmäßige Röcke mit roten betreßten Aufschlägen und schwarzlackierte Zylinderhüte trugen, die später bei den mit Fahrpreisanzeigern (Taxametern) versehenen Droschken durch weißlackierte Zylinder ersetzt wurden. Auch die alten „Torwagen" habe ich noch gekannt, die z. B. vom Alexanderplatz über freie Felder nach Niederschönhausen fuhren. Es waren kleine, offene, kremserartige Wagen, die im Winter als Heizungsersatz bis zur Sitzhöhe vollkommen mit Stroh gefüllt waren. Wenn wir damals nach einem Besuch in Niederschönhausen unseren Rückweg zum Torwagen antraten, wurde erst festgestellt, ob „Mondschein im Kalender stand", denn in diesem Fall blieben die Straßen auch bei bedecktem Himmel unbeleuchtet, und wir wurden mit einer Laterne bis zur Haltestelle begleitet.



Quelle: Julius Schramm, Mein Leben als Kunstschmied. Berlin, 1941, S. 10-11.

Abgedruckt in Gerhard A. Ritter und Jürgen Kocka, Hg., Deutsche Sozialgeschichte 1870-1914. Dokumente und Skizzen. 3. Auflage. München: C.H. Beck, 1982, S. 53.

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