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Verteidigung des Frauenklosters – Straßburger Dominikanerinnen (1526)

In den größeren Städten innerhalb des Reiches gab es eine Vielzahl an Gemeinschaften der großen Bettelorden, insbesondere der Franziskaner und Dominikaner und speziell der weiblichen Ordensgemeinschaften. Eine Stadt beherbergte bis zu neun oder zehn weibliche Bettelorden. Die weiblichen Orden lebten im Gegensatz zu den männlichen in Abgeschiedenheit und verfügten über eine stärke lokale Identität, da sie den Wohlwollen wohlhabender Patrizier und Kaufleute genossen. Hierdurch ist zu erklären, weshalb sich die weiblichen Bettelorden unter den städtischen Religionsgemeinschaften der evangelischen klosterfeindlichen Politik am stärksten widersetzten. In Straßburg überdauerten drei der fünf weiblichen Dominikanerorden lange Zeit die Einführung des Protestantismus als offizieller Konfession. Der Kampf der Nonnen gegen den Zwang, den Orden aufzulösen und ein weltliches Leben zu führen, lässt sich am Beispiel des Klosters St. Margaretha gut veranschaulichen. Seit Mitte der 1520er Jahre wurden wiederholt protestantische Priester zum Kloster geschickt, um die Nonnen zu bekehren, während es ihren eigenen Priestern verboten wurde, zu ihnen zu predigen – was sie dennoch taten. Es stellt sich die Frage, weshalb die Beamten der Stadt, welche sich an die offizielle Religion hielten, das Fortbestehen St. Margarethas und anderer Nonnenklöster duldeten. Während eine Erklärung wäre, dass unter den wohlhabenden Familien der Stadt ein Kryptokatholizismus existierte, wäre es ebenfalls denkbar, dass die protestantische Elite Straßburgs die Dominikanerklöster als Bildungsstätten für junge Mädchen schätzten.

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[2r] In dem Jahr deß herren da man zalt 1524 ist auß straff des Almächtigen Gottes aufferstanden in allen deütschen landen ein gemeine irrung im wahren christlichen glauben. Vnd in dißem obgemelten jahr hat auch in Straßburg daß betribe luterthum angefangen mit offenlichen predigen vnd lehren der predicanten, vnder denen docter Martinus Butzerus auch einer von dem vornembsten wahre. Dem haben die herren der statt befelch geben, die closterfrauwen, sonderlichen die zu S. Margaretha, zu dem wahren glauben zu bekören. Deßen wegen solle er inen alle wüchen dreÿmahl predigen vnd ihnen mit aller er[n]sthafftigkeit daß clare wordt gottes außlegen. Er gab erstlichen den closterfrauwen gar frÿndliche wordt, wie er inen alles wohle zum guten machen, daß sÿ in allem sollen kein beschwernuß haben Dan im währe voll macht vnd gewalt von Romm geben. Vnd habe in andern clöstern schon freÿheit erdeilt, auß zu gehn nach ihrem belieben vnd daß sÿ die fastäg zu halten nicht mer schuldig seÿen, auch vmb mitternacht nit mer auffstöhn därfften zu Mätten. Solche red gefiehl der priorin nicht mit namen Vrsula Bockhin. Sÿ vnd ihre closterfrauwen verlangten, seiner predig gar nit zu hören, aber auß zwang der herren miesten sÿ dißen Docter Butzeri anhören, verstupffen die ohren, dan seine wordt vervrsachen beÿ den guten geistlichen kindern grosse trauwigkeit, dan dißer waß ein abtrinniger vom orden.

[2v] Jetzt nun ein vigent der observantz vnd aller geistlichkeit, den miesten sÿ wider ihren willen anhören, sunsten wurdten die herren der statt ihr closter mit gewalt verstöhren. An dem andern tag da kamm der ober closter herr, welch er vom Ersamen Rath schriftlich befelch bracht.

Erstlichen, sollen sÿ ihren beichtvatter abschaffen mit namen Michael Lebentorff, ein leßmeister der heilligen schrifft. Er wahre gar ein frommer pater, der vmb Docter Bützeri gewaltigklichen widerstanden, darumb wurdte er mit grosser vngnadt zu der statt außgejagt. Vnd wurde der priorin verbotten, daß sÿ den nimmer solten kommen laßen, auch kein andern pater oder Pfaffen, weder heimlichen noch offenklichen beÿ dem closter zu härberg auffnemben, sonder den hoch verständigen wohlgelerthen Docter Butzeri für ihren wahren sellsorger erkönnen, welchen die stattherren inen zum guten geben. Dißen miesten die closterfrauwen auffnemben vnd wider ihren willen alle wüchen dreÿmahl seine erschröckliche predigen anhörren. Er fanget die erstlichen ann mit süssen wordten vnd gab damit daß gifft verborgen vnder dem hönig.

Alß er offtmahlen geprediget vnd keinen möchte vom glauben bewegen, dan sÿ wahren allesam einheligklichen, vnd waß vnder innen große liebe vndt frÿden. Keinne wohlte weder vom ordten nach glauben weichen. Sÿ sagten, daß sÿ nach ihrem versprechen wohlen beständig bleiben. Darauff bracht er auß in seiner predig mit vill harten wordten.

[3r] O waß verrachtung lösterung vndt schändung deß ordtens, welches nicht zimmlichen ist zu beschriben!

Die priorin wahre in grossem koummer vnd sorget, die jungen schwestern möchten sich endtlichen von seinner falschen lehrr lassen bewegen, manet sÿ mütterlichen die verkörte predig nicht mer anzuhörren. Aber die priorin förcht, wann der wirdt wahr nemben, daß keine closterfrauwen werdten am corgätter (1) sein, daß er im closter vmb lauff sÿ zusuchen da sprachen. Edlich schwestern sÿ wohlten die grosse engel, so beÿ dem alldar stöhn mit schleÿwer vnd weillen[?] begleiden, vnd die an daß gätteer stöllen. Da befahl die priorin, daß ein bar (2) solten achtgeben wan die predig auß währe, daß sÿ dan die vergleide bilder glich wider zu ruckh ziehen. Dises hätte zwar einbarmahl gut gedann beÿ dißem verkörten prediger, daß er meinet, die closterfrauwen horchen so vnbeweglichen auff sein predig, hatt in seinem bößen eÿffer allerding schier die kantzel erschlagen.

Nachgehe[nd]t hat er daß endtlichen gemerckh wahre darüber gantz ergrimmet vnd ser zornig über die priorin, die angefahren mit so villen bößen schältwordten, da von nicht zimlichen zu melten ist. O waß grosse schmacheit hatt sÿ geliten!

Er dätt mit grossem doben, dem Magisterat der statt der closterfrauwen geübte listige boßheit klagen. Da gaben die herren befelch, sÿ solten in die kirchen vnder allem volckh nechst beÿ der kantzel sitzen alle sammenlichen, keinne solle davon außbleiben.



(1) Chorgitter.
(2) Ein Paar.

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