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Friedrich Weygandts Reichsreformentwurf (18. Mai 1525)

Dieses im Mai 1525 entworfene Programm für eine Reichsreform basierte auf dem anonymen Traktat Teutscher Nation Notturfft (1523). Wie auch Wendel Hiplers Beratungsplan, war es zur Diskussion auf dem Bauerntag in Heilbronn bestimmt. Der vermutliche Autor war Friedrich Weygandt, ein Territorialbeamter des Kurfürsten von Mainz. Das Programm legt einen detaillierten Plan für eine rechtliche, kommerzielle und Währungsreform vor. Dem zugrunde liegt das Konzept eines föderalen Reiches, in dem jede gesellschaftliche Gruppe eine Stimme hat. Insofern trug dieses Programm die Idee der partizipatorischen Regierung (welche allgemein auf territorialer Ebene empfohlen wurde) auf die Reichsebene weiter. Die Reichsreform war ein fortwährendes Thema seit der Zeit Kaiser Sigismunds (geb. 1368, reg. 1433-37) und den Konzilien von Konstanz und Basel.

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Item welcher Gestalt ain Ordnung oder Reformation zu Nutz und Fromen aller Christenbrudere zu begreifen und ufzurichten sei:

1. Alle Geweichten, wie Got Mathei am 28. inen bevolhen und gebotten, reformirt und nach zimlicher Notturft erhalten wurden, unangesehen ire Geburt und Herkomen, hohen oder nideren Stands.

Uber disen Artikel sein vier Declaration: Die erst betrift die grosen Hansen, als Bischove, Pröbst, Dechant, Tumbherren und ires gleichen.

Item das alle Regelspersone, als: Monchen, Nonnen, Nolharten, Chorherren und andere ires gleichen, so in gaistlichen Schein reißende Wolf, erkent, wie am Tag ligt, sollen reformirt werden, wie Got gebotten und Genesis, auch Mathei am 19. geschriben steet.

Item das ain jede Gemainde sich gutter Hirten, die allain die Schäfflin mit dem Wort Gottes, in der Schrift gegrunt, waiden, befleiße, die zu setzen und zu entsetzen hab.

Item das alle Priester oder erwelte Persone in Gottes Dienst den Menschen vorgehn sollen, wie Christus, unser Erlöser, tun hat. Die sollen auch ehrlich und solcher Gestalt unterhalten, das mit dem Uberfluß alle notturftige Menschen und der gemain Nutz bedacht werden.

2. sollen alle weltliche Fursten, Graven, Herren, Ritter und Edeln auch reformirt, damit der arm Man uber christlich Freihait nit so hoch von inen beschwerd werde.

Uber disen Artikel sein auch vier Declaration:

Erstlich das den Nideren gegen den Fursten und Herren, den Armen gegen den Reichen gleichs Rechtens schleunig und austreglich verholfen werden.

Item das alle von Fursten an bis uf die Edelen, so vom hailigen Reich und derselben Verwanten belehent sein, ehrlich, ain jeder nach seiner Geburt, versehen werden. Dagegen sollen sie dem hailigen Romischen Reich getreulich vorsien, die Gehorsamen, Fromen, Witwen und Waisen schirmen und die Ungehorsamen und Bösen strafen.

Item das alle Lehenleut ainem Romischen Kaiser, wie in der Schrift gegrundet, uber andere ire Lehenherren als weltlich Fursten des Reichs zu christenlichem Frid und Merung des Reichs erlich und redlich, auch die armen Untertanen on weiter Beschwerde schutzen, schirmen und allermeniglich zu Recht hilflich und rätlich sein, uf das sich niemant rechtlos beclag.

Item das alle Fursten, Graven, Rittere, Edlen und Knechte, so vom Reich oder desselben Fursten belehent sein oder nit, sich gotlich, christlich, bruderlich und erlich halten, das niemant durch sie unbillicher Weis beschwert. Sollen auch das gotlich Wort und Recht vor allem Gewalt getreulich nach allem irem Vermogen helfen schutzen, schirmen und hanthaben, damit das mit Gewalt nit zerstört werde, wie hievor beschehen.

3. sollen alle Stette, Communen und Gemainde im hailigen Reich, nimant ausgenomen, zu gotlichem, naturlichem Rechten nach christlicher Freihait reformirt und bestettigt werden. Item dawider solle nimant alt oder neu Erdichtung einfuren, dadurch der Aigennutz vertruckt, sonder dem Armen als dem Reichen geholfen, auch bruderlich Ainikait erhalten werde. Item das alle Bodenzins allweg ain Pfennig mit 20 mog abgelöst werden. Item das den Kaufleuten sichere Wanderung gehalten und ain Ordnung, wie sie jede Ware geben sollen, sich ime Kauf darnach zu richten, gemacht, damit gemainer Nutz gefurdert und gemeret werde.

4. solle alle Doctores, gaistlich oder weltlich, in kains Fursten Rate, auch an kain Gericht zu sitzen, zu reden, zu raten, oder zu handeln erlitten, sonder ganz abgetan werden, uf das dieselbigen sich von Menschen Gesätzen uf die gotlich Schrift ergeben und als geschickte Persone zu predigen beruffen werden; dan vil Person durch ire Auszug verderbt werden.

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