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Empfehlungen für die Zusammenführung beider Bildungssysteme (26. September 1990)

Eine gemeinsame DDR-BRD-Kultusministerkommission empfiehlt Prioritäten für die demokratische Reform ostdeutscher Bildung und Forschung, wodurch die etablierten westlichen Strukturen auf die Beitrittsländer übertragen werden.

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Gemeinsame Bildungskommission
Ergebnisse der dritten und abschließenden Sitzung vom 26. September 1990


1. Die Gemeinsame Bildungskommission traf sich am 26. September 1990 im Sekretariat der Kultusministerkonferenz zu ihrer dritten und abschließenden Sitzung. Die Delegation der Deutschen Demokratischen Republik wurde vom Minister für Bildung und Wissenschaft, Herrn Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, die Delegation der Bundesrepublik Deutschland von der Präsidentin der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Frau Ministerin Marianne Tidick, und Herrn Staatssekretär Dr. Fritz Schaumann in Vertretung des Bundesminister für Bildung und Wissenschaft geleitet.

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2. Die Bildungskommission stimmte darin überein, daß das Bildungswesen einen wesentlichen Beitrag zum politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erneuerungsprozeß in den fünf beitretenden Ländern wie für den Einigungsprozeß insgesamt leisten muß. Sie stellte fest, daß man auf dem Weg zu einem neuen Bildungswesen bereits einige wesentliche Schritte vorangekommen ist und daß es in Zukunft Aufgabe der neu entstehenden Länder ist, diesen Prozeß fortzusetzen. Die Reformbemühungen der DDR sind von Beginn an von Bund und Ländern fachlich und finanziell unterstützt worden. Hinzu kommen zahlreiche Hilfsmaßnahmen von privater Seite aus der Bundesrepublik. Die staatlichen und privaten Initiativen haben rasch zu einer intensiven Zusammenarbeit auf allen Ebenen und in allen Bereichen von Bildung und Wissenschaft geführt und den unmittelbaren Kontakt der Betroffenen ermöglicht.

Nach der Einigung geht es darum, die unter unterschiedlichen gesellschaftlichen Bedingungen entstandenen Bildungssysteme weiter aufeinander zuzuführen. Dafür sind durch das DDR-Gesetz zur Einführung der Länder und den Einigungsvertrag die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen worden. Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik gilt auch in den neuen Ländern die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Damit fällt ihnen die Gestaltung von Bildung, Wissenschaft und Kultur weitgehend als eigene Aufgabe zu.

Für eine Übergangszeit wird es angesichts der Ausgangslage in den neuen Ländern zum Teil noch sehr unterschiedliche Strukturen geben. Es wird im Interesse der Bürger wichtig sein, möglichst bald das erforderliche Maß an Einheitlichkeit zu erreichen.

Das weitere Zusammenführen der beiden Bildungssysteme wird in den nächsten Monaten und Jahren eine wichtige gemeinsame Aufgabe in der Kultusministerkonferenz und in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung sein. Dringend notwendige Modernisierungen im Bildungswesen der fünf neuen Länder werden die planerische und finanzielle Mitwirkung des Bundes und der Länder notwendig machen.

Darüber hinaus wird es für die Schulen, Ausbildungsstätten, Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen der fünf neuen Länder wichtig sein, so schnell wie möglich in das Netz europäischer und auch anderer internationaler Austausch- und Kooperationsbeziehungen einbezogen zu werden.

3. Im Bereich der allgemeinen Bildung hat die Bildungskommission Empfehlungen zur Neugestaltung des allgemeinbildenden Schulwesens in den neuen Ländern verabschiedet. Sie stellt darin fest, daß beim Zusammenwachsen der Bildungsbereiche das Prinzip der Kulturhoheit der Länder von grundlegender Bedeutung ist. Die Länder tragen ihren föderalen Rechten und Verpflichtungen im Schulbereich auch dadurch Rechnung, daß sie bei ihren bildungspolitischen Entscheidungen die Sicherung der gebotenen Einheitlichkeit und Chancengleichheit als eine ständige Aufgabe sehen. Durch die Entwicklung einer gemeinsamen und vergleichbaren Grundstruktur für das Schulwesen werden wesentliche Voraussetzungen für eine Freizügigkeit im Bildungswesen geschaffen. Basis dafür sind gemäß Artikel 37 des Einigungsvertrages des „Hamburger Abkommens” der Länder zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Schulwesens und weitere einschlägige Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz.

Bestimmte Regelungen der Schulorganisation wie Beginn und Ende des Schuljahres und die Regelung der Ferien sowie die Fremdsprachenverpflichtung für den Erwerb eines mittleren Bildungsabschlusses und der allgemeinen Hochschulreife sollten einheitlich bereits mit dem Schuljahr 1991/1992 gelten.

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