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Innere Sicherheit (22. Mai 2006)

Der jährlich vorgestellte Verfassungsschutzbericht soll dem Bürger die Möglichkeit geben, sich über die wesentlichen Bereiche des politischen Extremismus zu informieren. In den hier vorgestellten Auszügen der Rede von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble werden die wichtigsten Entwicklungen in den Bereichen islamischer Extremismus und Terrorismus sowie Rechtsextremismus vorgestellt.

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Rede von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2005 am 22. Mai 2006 in Berlin



Der Ihnen jetzt vorliegende Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2005 informiert über den Umfang verfassungsfeindlicher Entwicklungen sowie über Organisationen und Gruppierungen, die Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland entfalten.

Den Aufgaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz entsprechend, sind die Berichtsinhalte vielfältig und weit reichend. Zu einigen Themen aus den drei Bereichen islamistischer Extremismus und Terrorismus, Rechtsextremismus und Spionage möchte ich im Folgenden einige Anmerkungen machen.

Die Stabilität und die Sicherheit Europas und damit auch unseres Landes werden durch den islamistischen Terrorismus seit Jahren bedroht. Diese Bedrohung hält unvermindert an. Deutschland ist Teil eines weltweiten Gefahrenraums, und unser Land liegt im Zielspektrum islamistischer Terroristen.

Bis zum heutigen Tag ist es in Deutschland nicht zu Attentaten durch islamistische Terroristen gekommen, wohl aber gegen Deutsche im Ausland. Dass Planungen und Vorbereitungshandlungen rechtzeitig aufgedeckt werden konnten, ist der professionellen und umsichtigen Arbeit der deutschen Sicherheitsbehörden, auch des Bundesamtes für Verfassungsschutz, und der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Partnerdiensten zu danken.

Für Entwarnung und Sorglosigkeit besteht kein Anlass. Die Zahl der in Deutschland aktiven islamistischen Organisationen ist im Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr um vier auf 28 gestiegen. Auch die Zahl der Mitglieder und Anhänger dieser Organisationen hat sich von rund 31.800 auf 32.100 leicht erhöht.

Diese Zahlen darf man nicht mit dem weitaus kleineren Bereich des gewaltbereiten Terrorismus gleichsetzen. Wir müssen aber auch extremistischen Bestrebungen, die unsere Werteordnung mit anderen als terroristischen Mitteln bekämpfen, entschieden entgegentreten. Es dürfen keine Räume entstehen, in denen eine fundamentalistisch interpretierte Scharia die Werteordnung unseres Grundgesetzes verdrängt.

Daher ergreifen die Innenbehörden des Bundes und der Länder, sobald konkrete Erkenntnisse zu strafrechtlichen oder verfassungswidrigen Aktivitäten vorliegen, Exekutivmaßnahmen gegen entsprechende Einrichtungen und Organisationen.

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Da die Terrorismusbekämpfung auf absehbare Zeit eine prioritäre Daueraufgabe unserer Sicherheitspolitik bleiben wird, ist es mein Ziel, das erreichte Sicherheitsniveau durch punktuelle Ergänzungen noch weiter zu erhöhen.

Mit dem Entwurf eines Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes werden wir die Konsequenzen aus der Evaluierung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes ziehen und dabei die bewährten Befugnisse entfristen und ergänzen.

Zur Gewinnung und zum Austausch von Erkenntnissen gehört auch die Nutzung moderner Informationstechnologie – einschließlich gemeinsamer Dateien von Polizeien und Nachrichtendiensten. Deshalb wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer standardisierten, zentralen Antiterrordatei sowie von anlassbezogenen Projektdateien vorlegen.

Darüber hinaus werden wir unter der Voraussetzung der Föderalismusreform für klar definierte Fälle die Befugnis des Bundeskriminalamts zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus schaffen. Die derzeit vorhandene Aufspaltung der Zuständigkeiten – das Bundeskriminalamt darf nur handeln, wenn die Schwelle des strafprozessualen Anfangsverdachts überschritten ist, zu der davor liegenden Gefahrenabwehr sind nur die Länder befugt – verlängert die Reaktionszeiten und erhöht die Gefahr von Informationsverlusten.

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