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Warum die große Koalition funktionierte (28. Dezember 2009)

Die große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD funktionierte, so der Autor, weil sich die CDU unter Angela Merkel vieler Themen angenommen hat, die normalerweise von der SPD ideologisch besetzt werden. Das erkläre auch die gute Zusammenarbeit zwischen ihr und einigen SPD-Ministern, den Wahlkampf, der eigentlich keiner war und das schlechte Wahlergebnis für die SPD.

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Abschied von der heimlichen Liebe große Koalition

Der relativ vermurkste Start von Union und FDP lässt die große Koalition gelungener erscheinen. Doch so schnell wird sie sich nicht wiederholen. Denn die SPD ist längst keine wirklich große Partei mehr. Für künftige Regierungen zeichnen sich also Dreierbündnisse ab. Hier Jamaika, da Rot-Rot-Grün.



In einer Mischung aus Ratlosigkeit, Ehrgeiz und staatsmännischer Verantwortung wurden die Sozialdemokraten 2005 Juniorpartner in der großen Koalition. Relativ unüberraschend wurden sie dafür bei den Wahlen 2009 nicht belohnt: Die 23 Prozent waren die Konsequenz für viel Inkonsequenz.

Gerhard Schröder führte nach den mutigen Hartz-Reformen einen bizarren Oppositionswahlkampf gegen seine eigene Politik und schubste die SPD aus der neuen Mitte zurück nach links. Dieser Linksruck hatte aber keine machtpolitische Option, und deshalb koalierten die Sozialdemokraten ausgerechnet mit jener Union, deren herbeifantasierter Marktradikalismus bislang als schärfstes Feindbild galt.

Doch die Sozialdemokraten konnten schnell aufatmen. Der großkoalitionäre Konsens war rasch gefunden: nicht in den schröderschen Reformanstrengungen, sondern im Verteilen von Wohltaten und im Unterlassen von Kürzungen in Zeiten von Hochkonjunktur wie 2006 und 2007. Das Murren über die große Koalition war leise, wenn es um deren ungebremstes Aufblähen des Staates ging, es wurde laut, wenn die Koalitionäre ab und an unterschiedliche Ansichten durchschimmern ließen.

Viele SPD-Traditionalisten schielten sehnsüchtig zur Linkspartei und deren noch schamloseren Wahlversprechen, während der Wirtschafsflügel mit feuchten Augen den Reden der strammen FDP-Garde um Westerwelle lauschte.

Zwischen diesen beiden Polen aber versammelte sich bequem eine Mehrheit in Deutschland. Zu Beginn ihrer Amtszeit stieß die „Koalition der neuen Möglichkeiten“ auf Zustimmung: 60 Prozent der Deutschen freuten sich über die Koalition. Merkels Kalkül war aufgegangen. Ohne scharfe Ecken und spitze Kanten nahm die Christdemokratin den Sozialdemokraten ihre Ideen und Wohlfühlargumente ab, während auf der Linken die Ex-SED das zu vermarktende soziale Gewissen als ihre neue Kernkompetenz ausgab.

Die CDU war heimlich immer eine sozialdemokratische Partei, nun, im Bündnis mit der SPD, durfte sie diese Neigung ausleben. Die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik war eine der Folgen, das Erlahmen des Wirtschaftsflügels der Union eine weitere. Und auch als in den Boomjahren die Einnahmen steil anstiegen, wollten weder Steinbrück noch Merkel sparen.

Die Finanzkrise hat die Regierung Merkel/Steinmeier, oder sollte man sagen: Merkel/Steinbrück, exzellent gemanagt. Unvergesslich jener Moment, als Kanzlerin und Schatzkanzler im Rahmen einer improvisierten Fernsehansprache die Sicherheit der Spareinlagen ohne Absegnung des Parlaments garantierten. Nicht zuletzt deshalb blieb der Bank-Run aus und konnten die Bundesbürger auch in Zeiten größter Turbulenzen ruhig schlafen. Den einst nervösen Deutschen konnte die Krise wenig anhaben.

Auch außenpolitisch harmonierten die Kanzlerin und der sachliche Außenminister derart beschwerdefrei, dass die Chronisten der Berliner Republik hinnehmen mussten, dass sich Merkel und Steinmeier 2009 weigerten, im Wahlkampf übereinander herzufallen. Bei der Reform des Gesundheitswesens zeigte sich dann doch, dass die beiden sozialdemokratischen Volksparteien unterschiedliche Akzentuierungen kennen und deswegen ein unansehnlicher, relativ untauglicher Kompromiss herauskam, der nun von Philipp Rösler (FDP) abgewickelt werden muss.

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