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Kanzler Kohl befürwortet Anstrengungen zur Erhöhung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit (25. März 1993)

In einer programmatischen Rede im Bundestag referierte Bundeskanzler Helmut Kohl über die Zunahme des globalen Wirtschaftswettbewerbs und rief das Land auf, die ausufernden sozialstaatlichen Leistungen zurechtzustutzen, um in der internationalen Arena wettbewerbsfähiger zu werden.

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I.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle erleben es täglich: Wir stehen mitten in einer Zeit dramatischer Umbrüche. Das Ende des Ost-West-Konflikts hat neue Chancen eröffnet, hat aber auch neue Risiken mit sich gebracht. Viele Länder in der Welt sind gegenwärtig dabei, ihren Standort, ihre Position, ihre Rolle neu zu bestimmen. Auch wir Deutsche müssen dies tun.

Für uns stellt sich dabei eine doppelte Aufgabe: die innere Einheit unseres Vaterlandes zu vollenden und zugleich — das war immer deutsche Politik nach dem Krieg — einen Beitrag zur Einigung Europas zu leisten. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.

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Wahr ist auch, daß bei uns im Gebiet der alten Bundesrepublik die gegenwärtige Rezession ihre Spuren hinterläßt. Manches geht eben langsamer, als es in den letzten neun Jahren der Hochkonjunktur möglich war. Aber es besteht gar kein Zweifel, daß wir diese Herausforderung bestehen können. Wir müssen sie mutig und entschlossen angehen. Mit Jammern läßt sich die Zukunft nicht gewinnen, auch nicht mit Jammern auf hohem Niveau.

Bei einer ehrlichen und fairen Standortdiskussion sollten wir nicht zuletzt wegen unserer Landsleute in den neuen Ländern sagen: Viele Probleme der Bundesrepublik im März 1993 sind Probleme der alten Bundesrepublik. Wir hätten diese Probleme auch zu lösen, wenn die deutsche Einheit nicht gekommen wäre.

Wir stehen jetzt in einer Situation, in der längst überfällige Korrekturen in vielen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft vorgenommen werden müssen. Ich glaube, das ist eine Chance, aus der eine neue Aufbruchstimmung erwachsen kann. Nur wenn wir hier zu Hause unsere Aufgaben lösen, können wir auch Vorteile aus den Veränderungen in Europa und in der Welt ziehen.

(Zuruf von der SPD)

— Ihren Zwischenruf nehme ich gerne auf. Denn bei all den Fragen, die ich jetzt gleich anspreche, mache ich keine Schuldzuweisung, sondern ich sage ganz nüchtern: Das sind Dinge — —

(Lachen bei der SPD — Zuruf von der SPD: Da müssen Sie auch auf sich selbst zeigen!)

— Meine Damen und Herren, Sie werden an den Einzelbeispielen gleich sehen, daß weder Sie noch wir uns exkulpieren können, sondern, daß wir uns jetzt — das fordere ich ein — in einer ruhigen Diskussion darüber unterhalten müssen: Wie geht es weiter? Wenn ich Ihnen die Einzelbeispiele nenne, kann ich Ihnen auch sofort die Beteiligung der Sozialdemokratie in diesen Jahren dazusagen. Aber das nützt uns heute überhaupt nichts.

(Zuruf der Abg. Anke Fuchs [Köln] [SPD])

— Ich habe vom Gespräch gesprochen. Das will ich einfordern.

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