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Rentenalter und Beschäftigung (März 2005)

In diesem Bericht der Hans-Böckler-Stiftung, dem Forschungsinstitut des Deutschen Gewerkschaftsbundes, wird die Trendwende in der Entwicklung des Rentenalters diskutiert. Einerseits solle das Rentenalter erhöht werden, andererseits aber würden ältere Arbeitnehmer diskriminiert. Die Betriebe werden aufgefordert, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass ältere Arbeitnehmer auch weiter im Beruf tätig sein können.

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Ältere im Betrieb: Hoffnung für die Rentenkasse

Trendwende: Arbeitnehmer gehen wieder später in die Rente und entlasten die Rentenkasse. Wenn dieser Trend anhalten soll, müssen allerdings auch die Betriebe mitziehen und mehr Ältere (adäquat) beschäftigen. Hier fehlen die Signale.


20 Jahre lang lautete die Devise „Geht früher, und macht Platz für Jüngere“, was zu immer jüngeren Rentnerinnen und Rentnern geführt hatte. Jetzt deutet der Altersübergangs-Monitor des IAT diskret den Umkehrtrend an:

- Mehr Beschäftigte gehen wieder mit 65 in die Regelaltersrente.
- Wer Frührente beantragt, der tut dies tendenziell später.
- Bei der Zahl der Erwerbsminderungsrenten zeigt die Kurve nach unten.

Ausnahme vom Trend: Frauen gehen weiterhin früher in Rente und nehmen damit höhere Abschläge in Kauf als Männer.

Die heraufgesetzte Altersgrenze und die Abschlagsregelungen bei vorzeitigem Renteneintritt wirken. Insgesamt ist das durchschnittliche Rentenzugangsalter für Neurentner, die im Alter zwischen 50 und 69 Jahren in Rente gehen, von 1996 bis 2003 um 8,5 Monate angestiegen. Der späte Rentenbeginn entlastet beträchtlich: Offen bleibt dabei allerdings, wie es mit der Einnahmeseite aussieht, denn die hängt davon ab, ob die „Neuen“ zuvor arbeitslos, beschäftigt oder nicht erwerbstätig gewesen sind. Immerhin könnte aber diese noch junge Trendwende der schwächelnden gesetzlichen Rentenversicherung wieder etwas auf die Beine helfen, bevor die Babyboomer-Jahrgänge der 50er- und 60er-Jahre ihre Rentenanträge abgeben.


Betriebe müssen mitziehen

Damit es aber wirklich zu Entlastungen kommt, müssen auch die Betriebe mitziehen. Ein höheres Rentenalter fordern Arbeitgeber zwar abstrakt immer wieder gerne, die Betriebe gehen aber weiter nach der Devise vor: „Young is beautiful“. 2003 arbeiteten in Deutschland nur noch knapp 40 Prozent der 55- bis 64-Jährigen.

Deutschland belegt bei der Erwerbstätigkeit älterer Menschen europaweit einen Platz im Mittelfeld. Damit kommen die Deutschen gerade mal knapp an den Durchschnitt der 25 EU-Länder von 40,1 Prozent heran. Schweden dagegen ist mit einer Beschäftigungsquote von 68,6 Prozent Seniorenweltmeister.

Ältere Arbeitnehmer einstellen ist also die erste Notwendigkeit. Wer Erwerbstätige länger halten will, muss aber auch dafür sorgen, dass die Jüngeren nicht vorzeitig verheizt und die Älteren ihren Befähigungen entsprechend eingesetzt werden. Auf die Tagesordnung gehören

- verbesserte Gesundheitsförderung,
- altersgerechte Arbeitsplätze und Arbeitszeiten,
- lebenslange und altersadäquate Weiterbildung.

Gelingt es nicht, die Chancen für die Erwerbstätigkeit Älterer zu verbessern, wird die Trendwende beim Rentenalter von kurzer Dauer sein. Zumal Hartz IV rententechnisch einen Schlag ins Kontor bedeuten könnte: Wer als älterer Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist, für den ist unter Umständen die Frührente trotz Abschlägen günstiger als das am Existenzminimum orientierte Arbeitslosengeld II – besonders, wenn es wegen der Anrechnung von Vermögen und Partnereinkommen gar nicht erst bezahlt wird. Hartz IV könnte daher noch bis 2011 – dann laufen die ab 60 beziehbaren Frührenten aus – den eben begonnenen Trend wieder umkehren.


Praxisferne Forderungen

Der Ausweg aus dem Dilemma des Altersübergangs kann nur darin bestehen, die Chancen für eine Erwerbstätigkeit Älterer zu verbessern, resümiert der Report: „Forderungen nach einer weiteren Heraufsetzung der Regelaltersgrenze auf 67 oder gar auf 70 Jahre sind vom aktuellen Rentenzugangsverhalten und der betrieblichen Beschäftigungspraxis so weit entfernt, dass sie letztlich nur auf eine Verschärfung der Abschlagsregelungen und damit auf eine nahezu allgemeine Rentenkürzung hinauslaufen würden“.



Quelle: „Hoffnung auf die Rentenkasse“, Böckler Impuls 3/2005, S. 2.

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