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Die öffentliche Meinung und Europa (22. November 2006)

Einer Umfrage zufolge fühlen sich die Deutschen schlecht über die EU informiert – und wissen tatsächlich wenig über EU-Institutionen, Entscheidungsfindungsprozesse und den EU Verfassungsvertrag. Während die Deutschen „Skepsis und Zurückhaltung“ gegenüber der EU offenbaren, sind ihre Urteile über „Europa“ im Allgemeinen überwiegend positiv, und die meisten sind stolz, Europäer zu sein. Die Umfrage zeigte, dass die Befürwortung der europäischen Integration mit steigendem Bildungsniveau zunimmt.

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Europa bleibt ein Projekt der Eliten
Je höher der Bildungsstand, desto größer die Zustimmung zur EU; Die Deutschen sind aber immer noch europafreundlich


Die Deutschen fühlen sich schlecht über die Europäische Union informiert und offenbaren in ihren Kenntnissen über Europa große Wissenslücken. Eine Mehrheit der Bundesbürger bekennt sich aber dennoch zu Europa – auch auf Feldern, die der EU in den vergangenen Jahren Akzeptanzprobleme beschert haben, etwa bei der Ost-Erweiterung oder der EU-Verfassung. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, deren Ergebnisse der Bundesverband deutscher Banken (BdB) an diesem Mittwoch anläßlich der von ihm veranstalteten „Schönhauser Gespräche“ in Berlin vorstellen wird.

Die Umfrage offenbart großen Pessimismus der Deutschen über die wirtschaftliche Zukunft Europas. 71 Prozent der Befragten glauben nicht, daß die EU in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren zur wirtschaftlich stärksten Region werden kann. Die ambivalente Haltung der Bundesbürger zur EU ergibt sich beispielsweise aus den in der Umfrage ermittelten Einstellungen zu einer europäischen Verfassung. Eine Mehrheit von 56 Prozent ist der Meinung, es sollte eine solche gemeinsame Verfassung geben, nur 7 Prozent sind dagegen, der Rest antwortete indifferent. Vom konkreten Entwurf des EU-Verfassungsvertrags, der nach den ablehnenden Referenden in Frankreich und den Niederlanden auf Eis liegt, haben aber 40 Prozent noch nie etwas gehört. 53 Prozent haben zwar davon gehört, wissen aber „nicht viel" oder „nichts" darüber. Nur 7 Prozent zeigten sich über den Vertrag informiert.

Trotz der weitgehenden Unkenntnis über den Inhalt des Vertrags ist die Grundsatzmeinung über ihn positiv. Von jenen Befragten, die von dem Verfassungsprojekt schon einmal gehört haben, hätten ihm 50 Prozent in einer Volksabstimmung zugestimmt, wenn sie die Gelegenheit dazu erhalten hätten. 14 Prozent hätten ihn abgelehnt. Eine Mehrheit der Bundesbürger (59 Prozent) beklagt, nicht ausreichend über die EU informiert zu sein. Entsprechend groß sind die Wissenslücken. Auf die Frage, wie viele Mitgliedstaaten die EU hat, wußten nur 12 Prozent die richtige Antwort, 67 Prozent lagen falsch, 21 Prozent gaben an, die Antwort nicht zu kennen. Auch wissen 85 Prozent nicht, daß Deutschland im ersten Halbjahr 2007 den EU-Ratsvorsitz innehat. Noch geringer sind die Kenntnisse über die Entscheidungsstrukturen in „Europa“. Auf die Frage, wer in der EU die größten Entscheidungsbefugnisse habe, antworteten 51 Prozent, sie wüßten es nicht. Das wohl wichtigste Entscheidungsgremium, den aus den Regierungen der Mitgliedstaaten bestehenden Ministerrat, nannten nur 8 Prozent, während 25 Prozent das in vielen Fragen nicht entscheidungsbefugte Europaparlament und 12 Prozent die Europäische Kommission nannten, die nur auf einigen wenigen Feldern direkte Entscheidungen treffen kann.

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