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Der Antrag der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot der KPD (22. November 1951)

Eine der Lektionen aus der Weimarer Erfahrung, welche die Verfasser des Grundgesetzes in das Dokument einbrachten, war, dass offen verfassungsfeindliche, antidemokratische Parteien und Bewegungen in einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht unter Anwendung von Artikel 21, Absatz 2, des Grundgesetzes verboten werden konnten. Am 22. November 1951 beantragte die Bundesregierung ein Verfahren gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), das sich bis 1956 hinzog und mit einem Verbot endete. Im Jahre 1952 wurde die neonazistische Sozialistische Reichspartei (SRP) ebenfalls für verfassungswidrig erklärt.

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Der Antrag der Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht auf Verbot der KPD (22. November 1951)


Namens der Bundesregierung beantrage ich, zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) verfassungswidrig ist.
2. Die Kommunistische Partei Deutschlands mit allen ihren Teilorganisationen wird aufgelöst.
3. Es wird verboten, für die Kommunistische Partei Deutschlands oder eine ihrer Teilorganisationen Tarn- oder Ersatzorganisationen zu schaffen.
4. Das Vermögen der Kommunistischen Partei Deutschlands und ihrer Teilorganisationen wird zugunsten des Bundes für gemeinnützige Zwecke eingezogen.

Begründung

(A) Die innere Aggression der KPD in der Bundesrepublik

Nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht begann am 8. Mai 1945 der Wiederaufbau einer freiheitlichen demokratischen Ordnung in Deutschland. Schon damals waren aber die Anfänge einer neuen Bedrohung der Freiheit des deutschen Volkes vorhanden, eine neue innere Aggression im Entstehen: Walter Ulbricht hatte, aus der Sowjetunion kommend, mit dem Aufbau einer ganz dem bolschewistischen Vorbild entsprechenden kommunistischen Partei in Deutschland begonnen.

Die Bemühungen der KPD, auf demokratischem Wege, nämlich durch die Stimmen ihrer Wähler, zu entscheidendem Einfluss auf die deutsche Politik zu gelangen, sind heute als gescheitert zu betrachten, da die KPD im Gebiet der Bundesrepublik auf den Stand einer Splitterpartei herabgesunken ist. Ihre Gefährlichkeit hat sich jedoch nicht vermindert, sondern ist im Laufe der Jahre durch die ständige Unterstützung aus der sowjetischen Besatzungszone zu solchem Umfang angewachsen, dass die Bundesregierung die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts für notwendig erachtet.

Im Gebiet der Bundesrepublik zeigt die ständig rückläufige Bewegung der Wählerstimmen der KPD, dass die Bevölkerung trotz großer materieller Schwierigkeiten für die KPD-Propaganda unzugänglich ist. Der deutsche Staatsbürger hat erkannt, dass der Marxismus-Leninismus-Stalinismus, den die KPD heute repräsentiert, den Untergang jeder menschlichen Freiheit, schlechthin die Vernichtung der Persönlichkeit zugunsten eines oligarchisch gelenkten Staatskollektivs bedeutet. Jene Oligarchie bezeichnet die marxistisch-leninistisch-stalinistische Terminologie als die Diktatur des Proletariats. Das Mittel zur Erlangung dieser Machtposition ist nach jener Staatslehre die Revolution, die in der jeweils geeignet erscheinenden Weise gegen Gesetz und Recht vorbereitet wird.

Die Trägerin dieser revolutionären Bewegung in der Bundesrepublik ist die KPD nebst den von ihr kontrollierten Nebenorganisationen.

Die Bundesregierung sieht zwar keine Veranlassung, sich mit der vom deutschen Volke eindeutig abgelehnten (marxistisch-leninistisch-stalinistischen) „revolutionären Theorie“ auseinanderzusetzen, erachtet es aber als ihre Pflicht, in der Bundesrepublik keine Ausübung dieser Theorie in der „revolutionären Praxis“ zu dulden. Die Ausübung dieser Theorie durch die KPD bedeutet nämlich die Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung im Bundesgebiet. Sie gefährdet außerdem den Bestand der Bundesrepublik Deutschland.

Die KPD ist daher gemäß Art 21 (2) GG verfassungswidrig. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht gemäß § 13 Nr. 2, §§ 43 FF. BVGG wird daher beantragt.



Quelle: Gerd Pfeiffer und Hans-Georg Strickert, Hg., KPD-Prozess. Dokumentarwerk zu dem Verfahren über den Antrag der Bundesregierung auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Kommunistischen Partei Deutschlands vor dem Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Karlsruhe 1956, Bd. 1, S. 2-3.

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