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Carl Peters über die sozialistische Opposition gegen die Kolonialpolitik (9. und 16. Februar 1886)

Der Kolonialabenteurer Carl Peters (1856-1918) „erwarb“ das Territorium Deutsch-Ostafrika 1885 durch einen kaiserlichen Schutzbrief. In den 1890er Jahren wurde er ein aktives Mitglied des Alldeutschen Verbandes, verursachte jedoch einen Skandal, als seine mörderische Handlungsweise in Afrika aufgedeckt wurde. Der im Folgenden nachzulesende Text ist ein Auszug aus einem Artikel, den Peters 1886 in der Kolonial-Politischen Correspondenz veröffentlichte. Hier erklärt er, dass er die deutsche Sozialdemokratie verabscheut, weil sie es gewagt habe, die von ihm so aufgefasste zivilisatorische Mission Deutschlands zu kritisieren. Unter dem Gesichtspunkt seiner anderen Untaten ist Peters’ Behauptung, der „moralischen und materiellen Hebung“ fremder Volksstämme zu dienen, offenkundig rassistisch und selbstsüchtig.

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Sein [des Sozialismus] großes Problem, die Hebung des menschlichen Lebensniveaus, die Ausnützung des Sieges, den der Mensch im Daseinskampf mit der übrigen Lebenswelt errungen hat, zur Mehrung seiner Wohlfahrt und Steigerung seiner Kraft, dieses Problem ruht auf nationaler Grundlage; die zu seiner Verwirklichung vorhandenen Kräfte sind national und an die wechselnden Schicksale einer Volksgemeinschaft geknüpft.

Der Sozialismus irrte demnach, wenn er sich vorsetzte, dasselbe nicht für die eigene Nation allein, sondern für die Welt, nicht für die Lebensdauer eines Volkes, sondern für die relative Ewigkeit der Menschheitsentwicklung überhaupt lösen zu müssen.

Dieses Bestreben ist seiner Natur nach hoffnungslos.

Der Kampf um's Dasein wird auf ewig Sieger und Besiegte haben, er wird mit der Schmälerung des Nähr- und Ellbogenraumes für die Individuen stets heftiger werden.

Diesen Kampf durch einen allgemeinen Friedensschluss zu beseitigen, ist ein frommer Wunsch, dem es in der Geschichte wie im Wesen der Menschheit an jeder Voraussetzung fehlt. Was wir dagegen im Folgenden nachweisen möchten, ist die Möglichkeit, in diesem Kampf auf geraume Zeit für eine Nation das Übergewicht zu erringen und auf Grund dieses Übergewichts dieser Nation breitere Lebensbedingungen, reichere Entwickelung und damit eine höhere Stufe geistiger und materieller Kultur zu sichern, als den übrigen.

Und zugleich hiermit zieht sich ganz von selbst die weitere Folgerung, dass für uns Sozialismus nur die Bedeutung haben kann, mit Anspannung aller Kräfte in vollem Zielbewusstsein und deshalb mit ganzer Rücksichtslosigkeit dieses Übergewicht Deutschland zuzuwenden und damit wenigstens für unsere Zeit und für unser Volk die soziale Frage zu lösen [ . . . ].

Die Kolonialpolitik will nichts Anderes, als die Kraftsteigerung und Lebensbereicherung der stärkeren, besseren Rasse, auf Kosten der schwächeren, geringeren, die Ausbeutung der nutzlos aufgespeicherten Reichtümer dieser im Dienste des Kulturfortschrittes jener.

Es ist ein Irrtum, der gerade dem Deutschen nahe liegt und der deshalb um so unzweideutiger zurückgewiesen werden muss, wenn man meint, die Kolonialpolitik bezwecke allein die moralische und materielle Hebung fremder Volksstämme.

Sie soll weitblickend genug sein, um sich diese Aufgabe als ein hervorragendes Mittel zum Zweck zu stellen. Dieser ist und bleibt aber schließlich die rücksichtslose und entschlossene Bereicherung des eigenen Volkes auf anderer schwächerer Völker Unkosten.



Quelle: Kolonial-Politische Korrespondenz, Jg. 2 (Berlin), 9. und 16. Februar 1886.

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