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Erlass des Reichskriegsministers und Oberbefehlshabers der Wehrmacht Werner von Blomberg über politische Erziehung und Unterricht der Wehrmacht (30. Januar 1936)

Während der Jahre der Weimarer Republik hatte das nationalkonservative Führungskorps der Reichswehr jeglichen Demokratisierungsversuchen erfolgreich widerstanden. Hitler fand in diesen Militärkreisen zunächst weiten Anklang, da sein antidemokratisches, antibolschewistisches Programm die Beseitigung des Versailler Vertrags und damit die Aufrüstung und Expansion der Streitkräfte versprach. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der Austritt aus dem Völkerbund und das Verlassen der Genfer Abrüstungskonferenz 1933 auf Betreiben des Reichswehrministers Werner von Blomberg (1878-1946) geschahen. Hitlers außenpolitische Ziele hingen allerdings von seiner absoluten Kontrolle über die Streitkräfte ab. So ließ er z.B. am Todestag Hindenburgs (2. August 1934) die Reichswehr auf sich persönlich vereidigen. Ein Jahr später führte er durch das „Gesetz für den Aufbau der Wehrmacht“ die allgemeine Wehrpflicht ein. Hitler ernannte sich selbst zum Obersten Befehlshaber der Wehrmacht, der Reichskriegsminister war ihm als Oberbefehlshaber der Wehrmacht unterstellt. Die Umbenennungen von Reichswehr in Wehrmacht und Reichsmarine in Kriegsmarine wurden ebenfalls 1935 vorgenommen. Damit wurde der letzte Schein einer rein defensiven Funktion der Armee beseitigt, das Ziel des Aufbaus einer Angriffsarmee war nun offensichtlich.

Ab 1934 wurden innerhalb der Armee politische Schulungen begonnen, um besonders unter jungen Offizieren das nationalsozialistische Gedankengut zu verbreiten. Der unten stehende Erlass Blombergs veranschaulicht dessen Bemühen, die ideologische Indoktrination zu vereinheitlichen und für alle Teile des Militärs verbindlich zu machen. Die neue Politisierung des Militärs wurde nach außen durch den Reichsadler mit Hakenkreuz sichtbar, den zu tragen Pflicht wurde.

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Berlin, den 30. Januar 1936


Der Reichskriegsminister
und Oberbefehlshaber der
Wehrmacht

Betr: Politische Erziehung und Unterrichtung der Wehrmacht

An
den Herrn Oberbefehlshaber des Heeres,
den Herrn Oberbefehlshaber der Kriegsmarine,
den Herrn Reichsminister der Luftfahrt und
Oberbefehlshaber der Luftwaffe


Das Offizierkorps der Wehrmacht kann seine Führeraufgabe in Volk und Staat nur erfüllen, wenn es die das deutsche Volks- und Staatsleben lenkende nationalsozialistische Weltanschauung in geistiger Geschlossenheit als persönliches Eigentum und innere Überzeugung besitzt. Ich messe daher der einheitlichen politischen Erziehung und Unterrichtung des Offizierkorps der drei Wehrmachtteile besondere Bedeutung bei.

Zu ihrer Sicherstellung ordne ich die dienstliche Berücksichtigung des nationalpolitischen Unterrichts nach folgenden Richtlinien an:

a) Auf den Kriegsschulen des Heeres, den Luftkriegsschulen und der Marineschule werden im Rahmen des planmäßigen Unterrichts über Wehrwesen (Heerwesen, Dienstkenntnis) mindestens zwei Stunden im Monat dem nationalpolitischen Unterricht gewidmet. Außerdem ist jede durch den Dienst oder Unterricht gegebene Gelegenheit auszunutzen, die von der Wehrmacht zu Volk, Staat und Bewegung führenden Wechselbeziehungen zu behandeln.

Die mit der Erteilung des nationalpolitischen Unterrichts beauftragten Offiziere werden an geeigneten Zeitpunkten (Unterrichtspause) zu kurzen, für die drei Wehrmachtteile gemeinsam durchzuführenden Lehrgängen einberufen und erhalten fortlaufend Hinweise über Stoffgliederung und Schrifttum.

Als Ergänzung zu diesem Unterricht finden bestimmte politische Vorträge von außenstehenden Persönlichkeiten statt.

[ . . . ]



Quelle: MGFA (Militärgeschichtliches Forschungsamt)/DZ: W01-5/185; abgedruckt in Klaus-Jürgen Müller, Das Heer und Hitler: Armee und Nationalsozialistisches Regime 1933-1940. Stuttgart, 1969, S. 618-19.

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